Florida stärkt den Lebensschutz: Seit Mittwoch ist in dem US-Bundesstaat im Südosten des Landes ein Abtreibungsverbot nach der sechsten Schwangerschaftswoche in Kraft. Damit gehört Florida nun zu den Staaten mit der striktesten Abtreibungsgesetzgebung in den USA. Da Abtreibungen nicht mehr erlaubt sind, sobald ein Herzschlag des Kindes im Mutterleib festgestellt werden kann, spricht man bei Verboten nach sechs Wochen auch von sogenannten „Herzschlag-Gesetzen“ (Heartbeat Bills), wie sie beispielsweise auch in Georgia oder South Carolina existieren.
Ausnahmen von der Sechswochenfrist gelten nur im Fall von Schwangerschaften nach sexuellem Missbrauch, Inzest oder wenn ein medizinischer Notfall vorliegt, der das Leben der Mutter gefährdet. Floridas Gouverneur Ron DeSantis hatte das Gesetz ursprünglich bereits im April 2023 unterzeichnet. Zu jenem Zeitpunkt galt er noch als aussichtsreicher Mitbewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner und versuchte, gegenüber dem bereits damals favorisierten Donald Trump mit einer noch restriktiveren Abtreibungspolitik zu punkten.
Kritik aus dem Weißen Haus: "Extremes Verbot"
Dass das Gesetz erst jetzt in Kraft trat, hängt mit einem Urteil von Floridas Oberstem Gerichtshofs in Tallahassee zusammen, der über Klagen von Vertretern der Abtreibungslobby, unter ihnen die Organisation „Planned Parenthood“, zu entscheiden hatte. Lebensschützer begrüßten die neue Gesetzgebung: Eine Vertreterin der Organisation „SBA Pro-Life America“ sprach von einem „Grund zum Feiern“, während Abtreibungsbefürworter das Gesetz „eine schreckliche Einschränkung der reproduktiven Rechte von Frauen“ nannten.
Auch im Weißen Haus reagierte man kritisch: Die Pressesprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre, sprach vor Journalisten von einem „extremen Verbot“ und verwies darauf, dass viele Frauen nach sechs Wochen noch nicht einmal wüssten, dass sie schwanger seien. „Wir sollten alle besorgt sein, da dieses extreme Abtreibungsverbot Millionen von Frauen in Florida und im ganzen Süden den Zugang zu dringend benötigter medizinischer Versorgung versperrt.“
Bislang galt Florida für Frauen aus vielen umliegenden Südstaaten, in denen bereits umfassende Abtreibungsverbote gelten, als Anlaufstelle. Allein aus den Nachbarstaaten Alabama und Georgia sollen jährlich weit über 6.000 Frauen für eine Abtreibung nach Florida gereist sein. Betreiber von Abtreibungskliniken in dem Bundesstaat behaupten, dass nun jährlich mindestens 40.000 Betroffene abgewiesen werden müssten.
Referendum könnte zu Verfassungsänderung führen
Die nun geltende Rechtslage ist allerdings trotz des Urteils des Obersten Gerichts in Florida noch nicht final: Im November werden die Bürger des Bundesstaates in einem Referendum darüber abstimmen, ob ein Anspruch auf einen Zugang zu Abtreibung in die Verfassung aufgenommen werden soll. Setzen sich die Befürworter durch, könnten Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus, also etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche, erlaubt werden. Damit es dazu kommt, müssten mindestens 60 Prozent für die Aufnahme in die Verfassung stimmen – eine Marke, die als hoch, jedoch nicht als unüberwindbar gilt. Versuche, das Referendum zu verhindern, scheiterten vor Gericht.
In den vergangenen knapp zwei Jahren stimmten bereits mehrere Bundesstaaten darüber ab, ein Recht auf beziehungsweise einen Zugang zu Abtreibungen in ihre Verfassungen aufzunehmen. Dabei setzten sich die Abtreibungsbefürworter stets durch, auch in konservativen Bundesstaaten wie Ohio. Dass auf bundesstaatlicher Ebene überhaupt über Abtreibungsgesetze gestritten wird, liegt am Obersten Gerichtshof der USA. Dieser hatte im Juni 2022 das jahrzehntelang landesweit gültige, umstrittene Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ gekippt und die Gesetzeshoheit in der Abtreibungsfrage wieder zurück an die Staaten gegeben.
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