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Renovabis: „Hilfe wird dringender gebraucht denn je“

Bei der diesjährigen Pfingstaktion setzt das Osteuropa-Hilfswerik auf die friedensstiftende Kraft des Einzelnen.
Frieden braucht den Einsatz eines Jeden
Foto: IMAGO/xWirestockx (www.imago-images.de) | Ein Akt der Nächstenliebe in der Republik Moldau. Auch hier ist Renovabis aktiv.

Die sechsjährige Marichka aus Lviv lächelt in die Kamera, der Arm nach oben durchgestreckt. Hinter ihr rankt sich ein Zweig in die Höhe, überragt das Mädchen um einiges. Ihr Blick appelliert an den Betrachter: „Damit Frieden wächst“. Und vor allem: „DU machst den Unterschied.“

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Mit diesem Aktionsplakat eröffnete Renovabis seine diesjährige Pfingstaktion, diesmal im Bistum Münster. Sie steht ganz unter dem Eindruck des bereits zwei Jahre wütenden Ukraine-Kriegs, aber auch der Spannungen in Armenien, Bosnien und Herzegowina, im Kosovo und in der Republik Moldau. „Diese Konflikte und Krisen waren und sind auch für unser Hilfswerk eine stetige, enorme Herausforderung. Unsere Hilfe wird dringender gebraucht denn je“, erklärt Pfarrer Thomas Schwartz, seit Oktober 2021 Hauptgeschäftsführer von Renovabis.

Frieden ist ein Auftrag von unten

Frieden sei nicht nur Aufgabe von Staatenlenkern und Diplomaten, sondern ein Auftrag von unten: Renovabis möchte engagierte Menschen gewinnen, sich für den Frieden einzusetzen und finanziell zu unterstützen. Das Bemühen um Dialog sei so notwendig „wie zur Gründungszeit von Renovabis vor dreißig Jahren“, so Aktionsratsvorsitzender Erzbischof Heiner Koch. Dabei gebe Gott, der auch in friedlosen Situationen gegenwärtig sei, „eine innerliche Kraft, weiterzumachen, mit viel Geduld und einem langen Atem“.

Pfarrer Schwartz reflektiert die Bedeutung jedes Einzelnen als Friedensstifter, „angefangen von einem freundlichen ,Grüß Gott‘ für den fremden Nachbarn, der als Arbeitsmigrant aus Osteuropa zu uns gekommen ist, über die tatkräftige Hilfe für geflüchtete Menschen aus der Ukraine bis hin zu finanzieller Unterstützung für Werke wie unseres, um damit in unseren Partnerländern zu helfen“.

Mit Gottes Hilfe wird der Frieden wachsen 

Über die geistige Dimension des Leitworts erklärt er: „DU machst den Unterschied – das heißt für uns als Christinnen und Christen, dass wir Gott an unserer Seite wissen und auf ihn vertrauen. Das macht es uns möglich, auch in diesen Zeiten, wo Frieden in vielen Regionen der Welt in weite Ferne gerückt zu sein scheint, nicht zu verzagen und zu verzweifeln. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass mit Gottes Hilfe der Frieden wachsen wird.“ Er bezieht die Dialogsuche auch auf zwanzig Jahre EU-Osterweiterung: „Wir gehören zusammen, blicken auf eine miteinander verwobene Geschichte und fußen auf gemeinsamen Werten.“

Die bisherige EU-Integration zeige, dass selbst zuvor verfeindete Nationen in Dialog kommen, einander zuhören und unterschiedliche Sichtweisen bearbeiten oder aushalten können, so Schwartz. Überdies warnt er vor einer „Gewöhnung“ an den Ukraine-Krieg: „Wir müssen uns gegen eine zunehmende Ermüdung in unserem Land stellen. Einen stabilen Frieden werden wir nur erreichen, wenn er auf Recht und Gerechtigkeit fußt. Sonst trägt er den nächsten Krieg schon in sich.“

Nicht schulterzuckend an Gewalt gewöhnen

Auch Jörg Lüer, Geschäftsführer der deutschen Kommission Justitia et Pax, mit der Renovabis eng zusammenarbeitet, bestätigt dies: „Dabei sollten wir aber zugleich auch nicht der gegenläufigen Versuchung erliegen, uns zunehmend schulterzuckend an die Gewalt zu gewöhnen.“ Renovabis fördert aktuell elf Großprojekte und zahlreiche kleinere Partner-Projekte in der Ukraine, wobei ein Schwerpunkt auf der psychosozialen Begleitung von kriegsgeschädigten und traumatisierten Kindern und Erwachsenen liege.

Thomas Schwartz führt aus: „Wir als Hilfswerk sehen unsere Aufgabe derzeit vor allem darin, den Menschen zu helfen, die vielfältigen Traumata, die dieser Krieg hinterlassen hat und noch hinterlassen wird, zu bewältigen.“ Erzbischof Koch stellt fest: „Durch die Bombardements herrscht ständige Angst und es führt jeden Tag zu neuen körperlichen und seelischen Verletzungen.“

Friedenstiftung durch Traumabewältigung

Friedenstiftung geschieht durch Traumabewältigung, so Jörg Lüer: „Die Arbeit mit Geflüchteten aus der Ukraine ist Friedensarbeit. Wir wissen aus der Traumaforschung, dass die Art der Aufnahme der Geflüchteten einen erheblichen Einfluss darauf hat, wie diese mit ihren Erlebnissen umgehen können.“

Jeder Einzelne ist gefragt, so auch die deutschen Bischöfe in ihrem Spendenaufruf: „,Friede sei mit Dir‘ – das wünschen wir uns auch als Gläubige gegenseitig im Gottesdienst. Denn Christus hat uns dazu berufen, in seiner Nachfolge zu Werkzeugen des Friedens zu werden. Unsere Gedanken und unser Handeln helfen mit, dass Friede in der Welt gedeiht.“

Mit Kultur und Gebet zum Frieden

Die Pfingstaktion 2024 ist am Sonntag in Münster von Ortsbischof Felix Genn und Bischof Stanislaw Szyrokoradiuk (Odessa) sowie Hauptgeschäftsführer Pfarrer Thomas Schwartz eröffnet worden. Zum Programm rund um die Aktionseröffnung im Bistum Münster gehörte unter anderem eine Forumsveranstaltung im Franz-Hitze-Haus in Münster, bei der Außenpolitiker Ruprecht Polenz sprach, aber auch die Wanderausstellung „FriedensMenschen“ in der Liebfrauen-Überwasserkirche.

Sie ist dort bis Ende Mai zu sehen. Ferner gab es ein multireligiöses Friedensgebet, eine Filmreihe mit dem Titel „Blickpunkt Osteuropa“ und ein Friedenspicknick auf dem Domplatz in Münster. Partner aus der Ukraine sowie Bosnien und Herzegowina berichteten von ihrer Friedensarbeit in ihrer Heimat.

Pfingstnovene um den Heiligen Geist

Auch wird wieder eine Pfingstvigil abgehalten und zum Gebet der Pfingstnovene eingeladen. Die Rolle des Heiligen Geistes ist entscheidend, so Hauptgeschäftsführer Schwartz: „Es ist der Heilige Geist, der in uns alles Gute bewirkt. Seine Gegenwart ist in unserer Zeit wichtiger denn je. Seine Gaben bewirken Erneuerung, Weisheit, Glaubenskraft und Heilung. Sie helfen uns, zu unterscheiden, was uns Menschen guttut und was uns schadet.“

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Die Autorin der Novene, Schwester Klara Maria Breuer SMMP, engagiert sich seit 2006 in der Wohnungslosenpastoral am Treffpunkt „An der Clemenskirche“ in Münster, wo sie „einen Ort des sozialen Friedens“ erkennt. Frieden sei mehr als die Abwesenheit von Gewalt: „Es bedeutet umfassendes Glück, Gesundheit und Wohlergehen.“

Frieden ist eine Frucht des Heiligen Geistes

Umfassend ist nicht nur der Frieden, sondern auch das Programm von Renovabis zur Förderung des Friedens – Wohlergehen sollen auch jene erlangen, die von Traumata des Krieges gezeichnet sind und deren Aufarbeitung Renovabis durch entsprechende Projekte ermöglicht.

„Ich wünsche mir, dass die Zeit der Besinnung und des Gebets uns daran erinnert, dass Frieden eine Frucht des Heiligen Geistes ist, die in uns und dieser Welt wachsen kann. Dieses Wachstum können wir aber nicht selbst machen, wir können dabei helfen und es schützen, aber dass etwas wächst, ist Gottes Gnade“, so Erzbischof Koch.

Eröffnung der Aktion mit byzantinischer Messe

Die Pfingstaktion wird an Pfingstsonntag, den 19. Mai mit einer heiligen Messe im Byzantinischen Ritus um 10:00 Uhr in der Überwasserkirche abgeschlossen. Die Kollekte wird in allen Sonntagsmessen in Deutschland für Renovabis abgehalten. Pfarrer Schwartz betont: „Wir sind sehr dankbar für die zuverlässige und unermüdliche Unterstützung unserer Spenderinnen und Spender, die helfen, wo immer sie können – und können nur immer wieder ein herzliches ,Vergelt? Gott‘ sagen für diese Hilfe.“

Renovabis ist die „Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa“. Die Aktion wurde 1993 auf Anregung des ZdK von der Deutschen Bischofskonferenz gegründet. Seither gibt es jedes Jahr eine mehrwöchige bundesweite Pfingstaktion. Die Kampagne endet am Pfingstsonntag mit einer Kollekte in den katholischen Kirchengemeinden in Deutschland. Seit Gründung hat Renovabis mit 870 Millionen Euro rund 26.300 Partnerprojekte unterstützt.


Spendenkonto bei der LIGA-Bank eG: DE24 7509 0300 0002 2117 77.

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